Lord Jonathan Evans

Ihrer Majestät Sicherheitsexperte
Interview vom 07.11.2018

Gefahr aus dem Cyberspace

Lord Jonathan Evans, Baron Evans of Weardale, war bis 2013 Generaldirektor des britischen Geheimdienstes MI5. Als einer ihrer wichtigsten Berater unterstützte er die britische Regierung mit seiner Expertise in Bezug auf Gefahren der nationalen Sicherheit durch Terrorismus, Cyberkriminalität und Spionage. Evans gehörte darüber hinaus jahrelang dem Sicherheitsrat des britischen Premierministers an. Lord Evans war im November 2018 Gastredner der 13. Risikomanagement-Konferenz.
„Ich denke, dass gute Risikokommunikation nicht nur für Regierungen wichtig ist, sondern für den gesamten Wirtschaftssektor.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Das größte Risikothema sind eindeutig die Herausforderungen des Terrorismus, mit denen sich unser Geheimdienst seit dem 11. September 2001 bis heute befasst. Sicherheit zu schaffen, ohne dabei als Staat zu viel Macht an sich zu ziehen, und dies gleichzeitig selbst Laien in verständlicher Weise zu erklären ist eine große Herausforderung.

Was sind die Lehren daraus?

Wir sollten Terrorismus als langfristiges Problem verstehen. Wir können ihn managen, wir können seine Gefahren reduzieren, aber wir können ihn nicht vollständig verhindern. Das ist eine politische Frage. Auf der anderen Seite muss die Öffentlichkeit verstehen, was Terrorismus bedeutet, wie wir als Gesellschaft darauf reagieren und wie wir ihn eindämmen können.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Im Hinblick auf die Terrorabwehr war eine der Lehren auf jeden Fall, dass der Inlandsgeheimdienst im Vereinigten Königreich die Probleme viel öffentlicher diskutierte, weil es sich vielmehr um ein Problem der Gesellschaft handelte als nur um eine Frage der nationalen Sicherheit. Und ich denke, dass gute Risikokommunikation nicht nur für Regierungen wichtig ist, sondern für den gesamten Wirtschaftssektor.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: handschriftlicher Beitrag von Lord Jonathan Evans zur „Vermessung des Risikos“.

Zur Person

Jahrgang 1958, verbrachte 33 Jahre seines Lebens beim britischen Geheimdienst. Zwischen 2007 und 2013 war er Generaldirektor des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5. In dieser Funktion beriet er die Regierung in nationalen Sicherheitsfragen wie Terrorismus, Cybersecurity und Spionage. Lord Evans verantwortete unter anderem das Sicherheitskonzept für die Olympischen Spiele in London 2012. Seit seinem Ausscheiden arbeitete er außerdem als nicht exekutives Vorstandsmitglied der Großbank HSBC. Daneben ist er Geschäftsführer des Ark Data Centres Limited und Mitglied des Public Interest Committee von KPMG UK. Er berät zudem Unternehmen in Fragen von Cybersicherheit. Lord Evans hat seit Dezember 2014 einen Sitz im Oberhaus des britischen Parlaments (House of Lords).

Q&A

Interview mit Lord Evans in Economia, dem Magazin des Institute of Chartered Accountants in England and Wales (ICAWE)

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MI5

Kurzbiografie von Lord Evans auf der Website des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5

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Claus Leggewie

Der streitbare Politologe und Kulturwissenschaftler
Interview vom 07.11.2017

Mut statt Wut: Wege zur konsultativen Demokratie

Inspiriert von dem Titel eines Albums des US-amerikanischen Jazzmusikers Don Cherry etablierte der Politikwissenschaftler Prof. Claus Leggewie 1990 ein Schlagwort in der gesellschaftspolitischen Diskussion: „Multikulti“. Heute zählt Leggewie zu den renommiertesten Politologen und Kulturwissenschaftlern in Deutschland. Er warnt vor den Gefahren von Rechtspopulismus und Klimawandel und stellt Überlegungen an, wie Demokratien durch mehr Bürgerbeteiligung reformiert und gestärkt werden können. Prof. Claus Leggewie war im November 2017 Gastredner der 12. Risikomanagement-Konferenz.
„In den kommenden zehn Jahren wird sich entscheiden, ob die Welt weiterhin auseinanderdriftet in Sachen Vermögen, Einkommen und soziale Chancen.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Den größten Einfluss hatte sicherlich die Finanzkrise. Sie hat offengelegt, in welchem Maße es Automatismen, Selbstläufer, algorithmisch gesteuerte Prozesse in der Weltwirtschaft gibt, die wir kaum noch in der Lage sind zu steuern. Ich kann von einer kurzen Episode berichten, dass an dem Tag, als Lehman Brothers zusammenbrach, in New York ein Kollege und ich dort zufällig eine Untersuchung machten über Banker und Broker. Die erste Reaktion war: Computer ausschalten und Anrufe aus Washington nicht beantworten. Das zeigt, in welchem Maße man unvorbereitet war auf das, was sich dort aufgeschaukelt hatte, und das ist schon dramatisch und hat mich sehr beeindruckt.

Was sind die Lehren daraus?

Die Lehren sind natürlich, dass insbesondere die G20, also die Gruppe der 20 stärksten Industrieländer der Welt, die als eine Art informelle Weltregierung fungiert, effektive Maßnahmen zur Regulierung des Finanzsektors ergreifen sollte. Ich bin mir nicht sicher, ob das noch gelingt. Ich glaube, der Gegner ist sehr stark. Die Automatismen sind sehr weit fortgeschritten. Insofern bezweifele ich, ob es noch einen Weg zurück gibt zu einer tatsächlichen Oberaufsicht über das Finanzwesen. Was ich hoffe, ist, dass sich im Finanzsektor selbst aufgeklärte Kräfte regen, die über gemeinwohlorientierte Investments nachdenken und die die gierigsten Formen des Kasinokapitalismus überwinden.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Es wurden ganz viele Lehren nicht gezogen. Etwa beim Klimawandel. Der Klimawandel ist uns bekannt seit über 100 Jahren. Er ist uns geläufig seit Mitte der 60er Jahre, als die ersten Messungen in diese Richtung deuteten. Er wird uns dramatisch sichtbar seit der Jahrtausendwende, und es passiert unendlich wenig, insbesondere die Regierungen blockieren sich selbst. Es gibt starke Kräfte in den alten Industrien, die jeden Wandel in Richtung eines effektiven Klimaschutzes verhindern. Und die Aktivitäten, die in den Bürgergesellschaften begonnen haben, sind nicht stark genug, um die politischen Regierungen zu zwingen, sich stärker zu engagieren. Ich hatte gehofft, dass wir lernen können, bevor wir in die Katastrophe reinkommen. Jetzt müssen wir wahrscheinlich schon mit der Katastrophe lernen.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: handschriftlicher Beitrag von Claus Leggewie zur „Vermessung des Risikos“.

Zur Person

Prof. Claus Leggewie, Jahrgang 1950, ist Publizist und einer der bekanntesten Politikwissenschaftler Deutschlands. Von 1995 bis 1997 war er erster Inhaber des Max Weber Chair an der New York University; er bekleidete Gastprofessuren an der Université Paris-Nanterre und am Institut für die Wissenschaften vom Menschen Wien und war 1999/2000 Fellow am Wissenschaftskolleg Berlin. Leggewie arbeitet in inter- und transdisziplinären Zusammenhängen zu Klima und Interkultur und leitete von 2007 bis August 2017 das kulturwissenschaftliche Institut in Essen. Von 2008 bis 2016 war er zudem Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen.

Website

Die persönliche Homepage von Prof. Claus Leggewie bietet einen Überblick über seine Biografie, Forschung und Publikationen.

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Blätter für deutsche und internationale Politik

Prof. Leggewie ist Mitherausgeber der Fachzeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik.

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Francis Fukuyama

Warner vor Populismus und Protektionismus
Interview vom 07.11.2017

Die Zukunft der Geschichte

1989 prophezeite Prof. Francis Fukuyama unter dem Eindruck des Endes der Sowjetunion den endgültigen Sieg der liberalen Demokratie und des Kapitalismus. Sein Buch „Das Ende der Geschichte und der letzte Mensch“ zählt zu den meistzitierten politikwissenschaftlichen Werken der vergangenen Jahrzehnte. Damals gehörte der Politologe zu den Lieblingen der Neokonservativen in den USA, von denen er sich wegen des Irakkriegs und der unilateralistischen Außenpolitik von George W. Bush zunehmend distanzierte. 25 Jahre nach Erscheinen von „Das Ende der Geschichte“ sieht Fukuyama die liberalen Demokratien in der Krise und bedroht durch Populismus und Protektionismus. Prof. Fukuyama war im November 2017 Gastredner der 12. Risikomanagement-Konferenz.
„Der Rückzug vom internationalen Geschehen erzeugt zahlreiche neue Probleme.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Für mich sind es diese großen Diskontinuitäten, die zum Teil etwas länger als zehn Jahre zurückreichen. Für uns in den USA waren das der Irakkrieg und die Finanzkrise. In Europa waren es die Euro- und die Flüchtlingskrise. Rückblickend waren diese Ereignisse vorhersehbar, sie beruhten auf politischen Entscheidungen, die neue Bedingungen schufen. Aber wie sich diese Bedingungen entwickelt haben und die Konsequenzen daraus, das war ziemlich überraschend. Sie schufen Probleme, die wir bis jetzt noch nicht vollständig im Griff haben.

Was sind die Lehren daraus?

Ich glaube, dass das Problem, das durch diese Ereignisse geschaffen wurde, der Aufstieg eines globalen Anti-Elite-Populismus ist. Das zeigt sich an einer Vielzahl rechter Anti-Europa- und Anti-Immigranten-Parteien in Europa, an der Wahl von Donald Trump in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien am Brexit-Votum. Ich glaube, dass wir noch mit keiner dieser Entwicklungen durch sind. Wir müssen sehen, wie wir diese abwehren und die Hassstimmung der Wähler in einem gewissen Maß besänftigen können.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Das kommt darauf an: Ich glaube, dass die Fehler der US-Außenpolitik mit der Irakinvasion begannen. Und das hatte mit einer Überstrapazierung der amerikanischen Außenpolitik zu tun. Seit Obama, und fortgesetzt durch Mister Trump, gibt es eine gegensätzliche Reaktion, dass die USA sich nämlich von internationalen Ereignissen zurückziehen. Dies erzeugt zahlreiche neue Probleme, denn eine globale Ordnung braucht die amerikanische Führerschaft. Im Falle der Europäischen Union gibt es ein Vakuum im Herzen Europas. Dort sind einige wichtige institutionelle Veränderungen notwendig, um künftige Krisen zu managen. Ich denke, die Zuwanderung ist nach wie vor eine Hauptquelle für die Unzufriedenheit vieler Europäer. Und das ist ein Thema, das in Europa noch niemand gelöst hat.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: handschriftlicher Beitrag von Professor Fukuyama zur „Vermessung des Risikos“.

Zur Person

Francis Fukuyama, Jahrgang 1952, zählt zu den weltweit bedeutendsten Politikwissenschaftlern. Er promovierte an der Harvard-Universität und lehrte unter anderem internationale politische Ökonomie an der Johns-Hopkins-Universität in Washington. Heute lehrt er an der Eliteuniversität von Stanford. Fukuyama gilt als überzeugter Liberaler und großer Kritiker des Neokonservativismus in den USA.

Website

Die Website von Prof. Fukuyama der Universität Stanford. Hier finden Sie unter anderem einen Überblick über seine Forschungstätigkeit und Veröffentlichungen.

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Twitter

Prof. Francis Fukuyamas Twitter-Account mit 88,9 Tausend Followern.

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Thomas J. Sargent

Nobelpreisträger und Experte für Geldpolitik
Interview vom 09.05.2017

Die empirische Erforschung der Politikineffektivität

Der US-amerikanische Ökonom Thomas J. Sargent gilt als einer der Mitbegründer der Neuen Klassischen Makroökonomik. Die Entscheidungsmotive und rationalen Erwartungen von Menschen bilden einen Schwerpunkt seiner Forschungstätigkeit. Anleger handeln seiner Erkenntnis nach viel rationaler als oft angenommen wird. In diesem Zusammenhang stellte Sargent unter anderem die These von der Politikineffektivität auf, der zufolge eine politisch gesteuerte Geld- und Steuerpolitik voraussehbar sei und damit keinen realen Einfluss auf die Wirtschaft habe. Im Jahr 2011 erhielt Sargent gemeinsam mit Christopher Sims den Wirtschaftsnobelpreis. Professor Sargent ist im November 2017 Gastredner der 12. Risikomanagement-Konferenz.
„Seit Keynes haben Ökonomen versucht, das Risiko von der Unsicherheit zu unterscheiden.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Ich denke über andere Dimensionen des Risikos nach, über die sich Menschen Gedanken machen. Nicht nur das Risiko an sich, sondern zum Beispiel auch die Langlebigkeit eines Risikos. Würden Sie sich nur über das Risiko oder auch über dessen Zeitstrukturen Gedanken machen? Oder denken Sie über das Fortbestehen eines Risikos nach? Jeder Mensch verfolgt eigene Ansätze, wenn es darum geht, wie man Risiken betrachtet, und es kommt darauf an, was man unternimmt, um sich gegen Risiken abzusichern. Die Herangehensweisen können hier sehr unterschiedlich sein und dementsprechend können sich auch die gewünschten Portfolios stark unterscheiden.

Was sind die Lehren daraus?

Mehrere Dinge. Zunächst denken Sie stärker über Ihre eigenen Ansätze im Umgang mit fortbestehenden Risiken nach. Nach Meinung von Ökonomen wie Lars Hansen lassen sich nach dieser Denkweise die hohen Überrenditen erklären, die einige nach dem Fama-French-Modell aufgebaute Portfolios erzielen. Diese Renditen stellen die Gegenleistung dar, die ein Investor, der dauerhaften Risiken abgeneigt ist, verlangen würde, um ein solches Portfolio zu halten. Diese hohen Risikoprämien sind also zum Teil als eine Art Ausgleich für ein fortbestehendes Risiko zu verstehen.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Gute Frage. Seit Keynes haben Ökonomen versucht, eine sinnvolle und konsequente Unterscheidung zwischen dem Begriff „Risiko“ und einer grundlegenderen Art des Unwissens, der Unsicherheit, zu treffen. Wir haben sehr damit gerungen, eine allgemein anerkannte Definition von Unsicherheit zu finden, die in der Praxis anwendbar ist. Hier wurden in jüngster Zeit große Fortschritte gemacht, besonders von den Theoretikern. Nun versuchen wir, ihre Ideen in der Praxis auf Problemstellungen in der Finanzwelt und Geldpolitik anzuwenden.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: handschriftlicher Beitrag von Professor Sargent zur „Vermessung des Risikos“.

Zur Person

Thomas John Sargent, Jahrgang 1943, ist Professor für Wirtschaft der New York University. Seit 1987 ist er außerdem Senior Fellow der konservativen Hoover Institution an der Stanford University. Für die Erforschung von empirischen Methoden in der Makroökonomie wurde Sargent gemeinsam mit Christopher Sims im Jahr 2011 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Die von Sargent und Sims entwickelten neuen Messmethoden zählen zu den grundlegenden Werkzeugen der makroökonomischen Analyse. Frühere Stationen seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit sind unter anderem die Universitäten von Stanford und Princeton.

Website

Auf dieser umfangreichen Website finden Sie unter anderem einen Überblick über Prof. Thomas J. Sargents Veröffentlichungen und weitere Beiträge zu seiner Forschungstätigkeit.

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Nobelpreis

Website der Nobelpreis-Organisation mit der Aufzeichnung des Vortrags von Thomas J. Sargent anlässlich der Verleihung des Nobelpreises für Wirtschaft an Christopher Sims und ihn am 8. Dezember 2011 in Stockholm.

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Quantitative Economics

Auf dieser Website von Thomas J. Sargent und John Stachurski finden Sie eine Reihe von Vorträgen und weiterführenden Informationen über quantitative ökonomische Modellierung.

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Julian Nida-Rümelin

Philosoph und Kulturpolitiker
Interview vom 03.11.2016

Philosophie einer humanen Ökonomie

Julian Nida-Rümelin lehrt Philosophie und politische Theorie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Der ehemalige Kulturstaatsminister leitet das interdisziplinäre Kompetenzzentrum Ethik und den berufsbegleitenden Studiengang Philosophie Politik Wirtschaft. Als Grenzgänger zwischen Philosophie und Ökonomie beschäftigt er sich unter anderem mit ethischen Fragestellungen bei Entscheidungsprozessen.
„Ohne Zustimmung der Betroffenen ist letztlich jeder Risikotransfer, jede Erhöhung eines Risikos für eine Person ethisch unzulässig.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Also ich beschäftige mich ja mit Risiko aus einer im Wesentlichen philosophischen Perspektive. Ich finde es hochinteressant, wie die Gesellschaft versucht hat, mit technologischen Risiken wie zum Beispiel dem Risiko der Kernenergie umzugehen. Das waren zum Teil hoch emotionalisierte Debatten, die aber zu einer gewissen Klärung der Sachlage geführt haben und am Ende die Bundesregierung nach dem Fukushima-Unfall dazu gebracht haben, dieses technologische Risiko generell zu beenden. Der Ausstieg aus der Kernenergie war ja weltweit einmalig. Das ist eine ganz besondere Strategie. Und das hat mich schon sehr stark beeinflusst, auch als Physiker, der sich ursprünglich mit Energiefragen sehr intensiv beschäftigt hat.

Was sind die Lehren daraus?

Die Lehren daraus sind unter anderem, dass man frühzeitig die Öffentlichkeit einbeziehen muss. Die Vorstellung, wir können Risikofragen, die alle angehen, an Experten delegieren und die Bevölkerung soll dann am Ende denen vertrauen und entsprechend die Entscheidung akzeptieren, die hat sich immer wieder als falsch herausgestellt. Es geht nicht nur darum, Risiken möglichst klein zu halten, sondern es geht auch darum, die Zustimmung der Betroffenen einzuholen. Ohne Zustimmung der Betroffenen ist letztlich jeder Risikotransfer, jede Erhöhung eines Risikos für eine Person ethisch unzulässig.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Also die Lehre aus dieser Debatte um Risiken der Kernenergie ist, dass die Expertokratie allein nicht ausreicht. Die Politik ist da sensibler geworden. Sie ist eher bereit, sich auf diese Debatten einzulassen. Zur gleichen Zeit ist allerdings auffällig, dass das, was noch in den 1970er Jahren eine große Rolle spielte, nämlich Debatten über Energieszenarien, unterschiedliche Perspektiven der Gesellschaft, Technikfolgenabschätzungen und Zukunftsvisionen, dass das weitgehend zum Erliegen gekommen ist. Das heißt, wir haben gegenwärtig keine große Debatte um unterschiedliche mögliche Pfade, die die Weltwirtschaft gehen könnte. Und das ist besorgniserregend, denn am Ende muss die Politik entscheiden, in welche Richtung sie gehen will. Und wenn dem nicht ein Klärungsprozess vorausgegangen ist, dann wird es wieder zu ähnlichen Verwerfungen kommen.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: handschriftlicher Beitrag von Professor Nida-Rümelin zur „Vermessung des Risikos“.

Zur Person

Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, Jahrgang 1954, zählt zu den renommiertesten Philosophen in Deutschland. Von 1998 bis 2002 wechselte er in die Kulturpolitik. Julian Nida-Rümelin lehrt Philosophie und politische Theorie an der Universität München. Er kooperiert mit dem Deutschen Verband für Finanzanalysten und Assetmanager (DVFA) für eine ethisch sensible Ausbildung von Finanzmanagern, ist Mitinitiator des berufsbegleitenden Studiengangs Philosophie Politik Wirtschaft (an der Ludwig-Maximilians-Universität) und Direktor der Parmenides Academy, die Führungskräfte in ethischen Fragestellungen berät.

Website

Die Homepage von Prof. Julian Nida-Rümelin mit einer Vita, aktuellen Informationen über Vorträge und Forschungsprojekte.

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Hochschule

Prof. Julian Nida-Rümelins Website des Lehrstuhls für Philosophie und politische Theorie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Hier finden Sie Informationen zu seiner Vita, seinen Publikationen und Vorlesungen.

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DVFA Ethik Forum

Auf der Website der Deutschen Vereinigung für Finanzanalysten und Assetmanager (DVFA) hält Prof. Nida-Rümelin einen Filmvortrag zum Thema „Ethik und Integrität im Finanzmarkt“.

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Stephen A. Ross

Innovator der Portfoliotheorie
† (1944–2017)

Besseres Verständnis für Marktmechanismen

Stephen A. Ross hat sich durch seine Forschungen zu Arbitrage- und Optionspreismodellen in Wissenschaft und Praxis einen Namen gemacht. Angesichts der wachsenden Komplexität der Finanzmärkte verstand der am 3. März 2017 verstorbene Ökonom es als seine Aufgabe, den Austausch von Ideen und Ansätzen zu verbessern, um das Verständnis von Marktmechanismen voranzutreiben. Professor Ross sprach im November 2016 als Gastredner der 11. Risikomanagement-Konferenz.
„Wenn man etwas wirklich Substanzielles machen will, sind oft die einfachsten Lösungen die besten.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Ich denke, die Probleme von 2008 und die darauf folgende Mini-Rezession haben sicherlich meine Sicht vieler Dinge verändert, so wie sie auch die Sicht der meisten Ökonomen verändert haben. Sie verdeutlichten uns, dass die üblichen Denkmuster in Zukunft nicht mehr ausreichen werden. Die Welt ist komplexer geworden.

Was sind die Lehren daraus?

Wenn man versucht zu modellieren und zu verstehen, was in der Wirtschaft passiert, sollte man die institutionellen Kräfte und institutionellen Bedingungen stärker berücksichtigen. Ganz einfache Dinge, denen wir bisher nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt haben – zum Beispiel die Regulierung oder das Rechnungswesen. Diese haben einen viel größeren Einfluss auf das, was an den Finanzmärkten passiert, als ich gedacht hätte.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Ich glaube nicht, dass sich grundsätzlich etwas verändert hat. Dieselben Probleme können wieder akut werden und wir haben nichts Substanzielles zustande gebracht, um sie zu lösen. Und wenn man etwas wirklich Substanzielles machen will, sind oft die einfachsten Lösungen die besten. Und die einfachste Lösung ist, dass Banken über mehr Kapital verfügen sollten. Historisch betrachtet, verfügten Banken früher über wesentlich mehr Kapital. Dies war vor allem so zu Beginn der industriellen Revolution. Und nicht nur das: Anteilseigner von Banken hatten keine limitierte Haftung, sondern waren unbegrenzt haftbar. Die Menschen wiegen sich heute in der Sicherheit, sie hätten das Problem gelöst. Ich bin nicht der Meinung.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: handschriftlicher Beitrag von Professor Ross zur „Vermessung des Risikos“.

Zur Person

Stephen A. Ross (1944–2017) war Professor für Finanz- und Wirtschaftswissenschaft an der Sloan School of Management des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Daneben war Ross auch als Berater für Unternehmen und Regierungsbehörden tätig. Er entwickelte die Arbitragepreistheorie, die Prinzipal-Agenten-Theorie und die sogenannte Recovery Theory. Er war außerdem Miterfinder des Konzepts einer risikoneutralen Bewertung von Finanzprodukten und des Binomialmodells der Optionspreistheorie. Seine Werke sind von zentraler Bedeutung für die theoretische Entwicklung von Zinsstrukturmodellen, und seine Theorien bieten umfangreiche Anwendungsmöglichkeiten und sind die Basis für Planung und Strategie in der Vermögensverwaltung.

Nachruf

Nachruf auf Stephen A. Ross vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).

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Publikationen

Auf der SSRN-Website finden Sie eine ausführliche Liste von Prof. Rossʼ wissenschaftlichen Fachbeiträgen.

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Masters of Finance

Ein Interview mit Stephen A. Ross in der Serie „Masters of Finance“ der American Finance Association.

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Robert J. Shiller

Nobelpreisträger und Krisenprophet
Interview vom 29.05.2015

Wieder irrationale Übertreibungen und Lemmingverhalten

Haben wir genug gelernt, um Ereignisse wie die Finanzkrise in Zukunft zu vermeiden? Der renommierte Ökonom und Buchautor Professor Robert Shiller, der schon 2006 vor einer Blase am US-Immobilienmarkt gewarnt hatte, widmet sich seit Jahren dieser Frage. Der menschlichen Psyche misst er beim Zustandekommen der Finanzkrise besondere Bedeutung bei. Shiller war Gastredner bei der 1. und der 4. Risikomanagement-Konferenz 2006 und 2009.
„Wir sollten mehr auf die psychologischen Impulse achten.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Das große Ereignis der vergangenen zehn Jahre war die Finanzkrise. Sie begann in den USA und breitete sich über die ganze Welt aus. Diese Krise wurde durch spekulative Blasen verursacht, insbesondere am US-Immobilienmarkt, aber auch in anderen Ländern. Der Kollaps der Hauspreise stellte Millionen Haushalte vor ein Problem, aufgrund dessen sie ihre Ausgaben einstellten. Wie konnte es zu diesem Boom der Immobilienpreise in unterschiedlichen Ländern kommen? Die Tatsache, dass dies nicht nur in einem Land geschah, zeigt, es war mehr als Regierungspolitik. Es geschah in der Psyche der Menschen. Das bestätigt für mich, wie wichtig es ist, die menschliche Psychologie zu verstehen und diese in die Finanzwissenschaft zu integrieren.

Was sind die Lehren daraus?

Für viele Menschen war die Finanzkrise eine Offenbarung. Sie erlebten, dass Blasen tatsächlich existieren. Spekulative Blasen gab es viele im Laufe der Geschichte. Aber im ausgehenden 20. Jahrhundert bestand ein allgemeiner Konsens, dass es keine Blasen gibt und dass die Märkte perfekt funktionieren. Freie Märkte haben durchaus großen Nutzen. Aber wir haben gelernt, dass es keine perfekten Märkte gibt. Das bis dahin so selten genutzte Wort „Blase“ wird inzwischen fast ständig von Finanzprofis gebraucht. Die Menschen fragen, wie konnte das passieren? Man kann keine Einzelperson dafür verantwortlich machen. Es war ein psychologisches Massenphänomen.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Wir sollten mehr auf die psychologischen Impulse achten. Wenn man denkt, man würde in steigende Märkte einsteigen, sollte man sich vor Augen führen, dass dies ein falscher Impuls ist. Regierungen können Lehren für die Regulierung ziehen und sollten sich mit der Regulatorik für das Gemeinwohl einsetzen. Es gibt auch Lehren für die Finanzwirtschaft, dass Schwächen, die sich in der Krise zeigten, mit der Entwicklung neuer Finanzmechanismen unterbunden werden können. Manche haben auch die Lehre gezogen, dass die Finanzwirtschaft schädlich ist. Das stimmt so nicht, Finanzwirtschaft ist eine Technologie, die vieles ermöglicht. Es geht darum, Risiken zu teilen. Diese Technologie muss erweitert werden, damit sie noch besser funktioniert.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: „Ach, Glück! Wie der Mond veränderst du dich, immer wirst du mehr, immer schrumpfst du, verabscheuungswürdig ist dein Wandel! Erst hemmst du, und dann beflügelst du den Kampf des Geistes, nach deinen Regeln. Bittere Armut, höchste Macht, schmelzen wie Eis.“

Zur Person

Professor Robert J. Shiller, Jahrgang 1946, ist Wirtschaftsprofessor an der Yale-Universität und einer der einflussreichsten Ökonomen der USA. Sein Rat ist begehrt, schließlich sagte er sowohl den New-Economy-Crash im Jahr 2000 als auch den Zusammenbruch des US-Immobilienmarktes im Jahr 2006 voraus. 2013 wurde Robert Shiller für seine Arbeit zur empirischen Analyse von Kapitalmarktpreisen mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Professor Shiller war 2006 und 2009 Gastredner der 1. und 4. Risikomanagement-Konferenz.

Hochschule

Professor Robert Shillers Website der Yale School of Management. Hier finden Sie Informationen zu seiner Vita, seinen Publikationen und Vorlesungen.


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Publikationen

Auf der Website des Department of Economics der Yale University finden Sie eine ausführliche Liste von Professor Shillers wissenschaftlichen Fachbeiträgen.

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Bücher

Auf der Website des Department of Economics der Yale University finden Sie eine ausführliche Bibliographie von Professor Shiller.

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Paul Krugman

Nobelpreisträger und Free-Market-Keynesianer
Interview vom 27.05.2015

Das Bewusstsein eines Liberalen

Der US-Wirtschaftswissenschaftler Professor Paul Krugman zählt zu den großen Warnern vor globalen makroökonomischen Fehlentwicklungen. Eine hohe Popularität genießt der Wirtschaftsnobelpreisträger von 2008 und ehemalige Präsidentenberater auch wegen seiner wöchentlichen Kolumne in der New York Times. Sein Blog „The Conscience of a Liberal“ gehört zu den meistgelesenen weltweit. Professor Krugman sprach bei der 6. Risikomanagement-Konferenz im November 2011.
„Der politische Prozess wird der wirtschaftlichen Krise immer noch nicht gerecht.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Die Finanzkrise selbst hat meinen Blick auf die Welt nicht verändert. Vielmehr waren es die falschen politischen Entscheidungen, die zwischen 2010 und 2011 getroffen wurden – der Wechsel zur Sparpolitik, die Ablehnung eines Konsenses zur Arbeitslosigkeit, die Inflationshysterie – all das hat mich wirklich erschüttert. Bis zu diesem Zeitpunkt glaubte ich, dass meine Arbeit als rationaler Makroökonom mehr bewirken könne, als sie es in Wirklichkeit tat. Der Politikwechsel hatte keine Ursache. Es war nicht so, dass eine ernsthafte Diskussion stattgefunden hätte oder dass es triftige Gründe gäbe; es waren schlicht politische Vorurteile, die alles überdeckten, was wir über Ökonomie wussten.

Was sind die Lehren daraus?

Es gab auf jeden Fall eine veränderte Betrachtung des Finanzsektors. Ein großer Teil des politischen Spektrums versteht nun, dass es Gründe gibt, die Banken streng zu regulieren. Wir hatten darüber auch unter US-Wissenschaftlern diskutiert. Und es gab als Folge der Krise Annäherungen zwischen Ökonomen der Mitte und der linken Mitte, die vorher in vielen Dingen nicht übereinstimmten. Sie entdeckten, dass es von der Finanzmarkt-Regulation zur Steuerpolitik bis zum Mindestlohn viele Parallelen gibt. Es gibt also eine überraschend große Übereinstimmung bei einem Großteil der Menschen. Menschen, die noch vor 15 Jahren scharf miteinander stritten und die nun in einer ganzen Reihe von Fragen miteinander übereinstimmen.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Der politische Prozess wird der wirtschaftlichen Krise immer noch nicht gerecht. Wenn ich die Chance hätte, eine politische Architektur hierfür zu entwickeln, würde es viel mehr Automatismen geben. So wie die Programme im US-System, die sich sehr gut bewährt haben. Wir hatten eine schreckliche Rezession, die Armut stieg, aber es kam nicht zu einer extremen Verarmung, weil die Programme die Menschen vor dem Schlimmsten bewahrten. Aber andere optionale Programme, die hätten helfen können, wurden fast unmittelbar beendet, weil Politiker sich wehrten, das Richtige zu tun. Zusammenfassend denke ich, dass wir für die nächste Krise ein System brauchen, in dem viele Dinge mehr über eine Art Autopilot funktionieren.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: „Lessons from the past decade: 1.) Learn from history 2.) Use hard thinking, not gut feelings 3.) Question authority - big names don't necessarily know more than you do 4.) Nerds often have the truth"

Zur Person

Professor Paul Krugman, Jahrgang 1953, zählt zu den großen Warnern vor globalen makroökonomischen Fehlentwicklungen. Der Professor für Volkswirtschaftslehre an der City University New York gilt als Begründer der Neuen Ökonomischen Geographie. Eine hohe Popularität genießt der Wirtschaftsnobelpreisträger von 2008 und ehemalige Präsidentenberater auch wegen seiner wöchentlichen Kolumne in der New York Times. Sein Blog „The Conscience of a Liberal“ gehört zu den meistgelesenen weltweit. Krugman sprach bei der 6. Risikomanagement-Konferenz im November 2011.

Hochschule


Professor Paul Krugmans neue Website der City University New York (Luxembourg Income Study Center). Hier finden Sie Informationen zu seiner Biografie, seinen Studien und Vorlesungen.

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Website

Auf dieser umfangreichen Website finden Sie unter anderem weitere Informationen zu Professor Krugmans Vita, die neuesten Beiträge seiner Kolumne in der New York Times und seines Blogs sowie einen Überblick über seine Publikationen.

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Blog

Auf dem Blog „The Conscience of a Liberal“ können Sie Professor Krugmans Kommentare zu aktuellen politischen und wirtschaftlichen Tagesereignissen verfolgen.

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Robert C. Merton

Nobelpreisträger und Finanzinnovator
Interview vom 24.02.2015

Krisen mit Innovationen bestehen

Der US-amerikanische Makroökonom Professor Robert C. Merton war in den 1970er Jahren maßgeblich an der Entwicklung der Black-Scholes-Formel zur Berechnung des Werts von Optionen beteiligt. Dafür erhielt er 1997 gemeinsam mit Myron Scholes den Nobelpreis. Professor Merton unterrichtet am MIT in Cambridge bei Boston Finanzwissenschaft. Er war 2009 Gastredner bei der 3. Risikomanagement-Konferenz.
„Es gibt kein ,free lunch‘!“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Für mich war es nicht, was 2008 und 2009 passierte, sondern viel mehr die 1970er Jahre, als insbesondere die USA auf einmal von einer ganzen Reihe gewaltiger Schocks getroffen wurde: Das Bretton-Woods-System wurde beendet, wir hatten Stagnation bei steigenden Preisen, wir hatten eine hohe Arbeitslosigkeit und wir hatten eine Inflationsrate von zehn Prozent. Die US-Börse büßte binnen 18 Monaten zwischen 1973 und 1974 rund 50 Prozent ihres Wertes ein. Ein weiterer „kleiner“ Event war die Ölkrise. Und all das traf uns auf einmal.

Was sind die Lehren daraus?

Heute müssen wir uns mit einer ganzen Reihe neuer Risiken beschäftigen, und das wird auch in Zukunft so sein. Aber das Beispiel der 1970er Jahre zeigt, wie wir die schwere Krise durch eine ganze Reihe außergewöhnlicher Innovationen überwunden haben. Ich hoffe, dass wir die Möglichkeiten aller Technologie und des Wissens, über das wir heute verfügen, nutzen und unser System verbessern, damit wir diese Herausforderungen angehen und wieder gestärkt aus der Krise herauskommen.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Wenn es nur eine einzige Sache gäbe, die ich Kindern lehren könnte, vom Kindergarten bis zum Schulabschluss – so wie bei uns die Nationalhymne – dann wäre das eine Lektion in Finanzwissenschaft: Es gibt kein „free lunch“! Wenn etwas zu schön um wahr zu sein klingt, ist es sehr wahrscheinlich nicht wahr. Wenn wir das lernen und anwenden würden, würden wir uns vielleicht ein paar Chancen entgehen lassen, aber uns würde auch eine unglaubliche Menge Ärger erspart bleiben. Wenn wir die Verhaltensmuster von 2008/2009 untersuchen, finden wir eine Menge Glauben oder den Wunsch zu glauben, dass zu schön um wahr zu sein tatsächlich wahr ist.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: „The virtue of risk management can become a vice if taken to an extreme."

Zur Person

Professor Robert C. Merton, Jahrgang 1944, lehrt heute Volkswirtschaftslehre an seiner Alma Mater Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, USA, wo er 1970 in Volkswirtschaft promovierte. Er gilt als führender Volkswirt, der häufig Forschungserkenntnisse in der Praxis umsetzte. In den 1970er Jahren war er maßgeblich an der Entwicklung der Black-Scholes-Formel zur Berechnung des Wertes von Derivaten und Optionen beteiligt. Dafür erhielt er 1997 gemeinsam mit Myron Scholes den Nobelpreis. Von 1988 bis 2010 lehrte er Finanzwissenschaften an der Harvard University. Robert C. Merton sprach im Jahr 2009 auf der 3. Risikomanagement-Konferenz von Union Investment.

Hochschule


Auf der Website der MIT Sloan School of Management erhalten Sie weitere Informationen zu Professor Mertons Vita, seinen Publikationen und Studien.

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Website

Auf Professor Mertons eigener Website finden Sie eine Auswahl von Videoaufzeichnungen seiner Vorträge und Vorlesungen sowie ein ausführliches Literaturverzeichnis.

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Daron Acemoglu

Ökonom und Experte für gescheiterte Staaten
Interview vom 05.11.2014

Erfolgsrezept Demokratie

Theorie und Wirklichkeit sind häufig schwer in Einklang zu bringen. Dem US-Ökonomen Professor Daron Acemoğlu scheint dieser Brückenschlag allerdings zu gelingen. Mit einem neuen politisch-ökonomischen Ansatz erklärt er, warum manche Staaten erfolgreicher sind als andere. Für seine Studien wurde Professor Acemoğlu mit der John-Bates-Clark-Medaille ausgezeichnet, die als Vorstufe für den Nobelpreis gilt. Professor Acemoğlu sprach im November 2014 bei der 9. Risikomanagement-Konferenz.
„Die Lösung kann nicht in einer detaillierten Schritt-für-Schritt-Regulierung liegen.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Ich denke, die Finanzkrise hatte auf uns alle einen großen Einfluss. Es war im großen Ganzen ein unerwartetes Ereignis. Im Rückblick zeigt sich allerdings, dass es Anzeichen gab. Sobald uns das Ausmaß des Finanzschocks bewusst wurde, hatte dies einen großen Einfluss auf viele Wirtschaftswissenschaftler und auch auf mich: Es hat mich dazu veranlasst, mich mehr mit systemischen Risiken zu beschäftigen. Wie also kleine Schocks sich durch die Interaktion zwischen den Finanzinstituten vergrößern können oder weil jemand Gegenpartei des anderen ist oder weil viele Finanzinstitute zur selben Zeit in ähnliche Vermögenswerte investieren und sich dadurch ähnlichen Risiken aussetzen.

Was sind die Lehren daraus?

Die akademische Welt hat zum Teil die Lehre daraus gezogen, auf wie viele unterschiedliche Arten Finanzinstitute miteinander vernetzt sein können. Mit welchen kaum sichtbaren Finanzinstrumenten sie arbeiten. Diese sollte man in einem wesentlich ganzheitlicheren Ansatz ernst nehmen. Finanzielles Risiko ist notwendig, selbst wenn man kein Finanzökonom ist. Zum Beispiel beschäftigt man sich in der Volkswirtschaftslehre mit Dingen wie dem BIP und mit Arbeitslosigkeit, wobei man Finanzfaktoren vernachlässigt. Das muss nun ernster genommen werden. Auf der politischen und bürokratischen Seite war die Lehre, dass die Deregulierung vielleicht zu weit gegangen ist und dass finanzielle Risiken einer strengen Aufsicht unterzogen werden müssen.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Ich glaube, die Lehren wurden nicht ganz verstanden oder verarbeitet. Denn selbst wenn die Diagnose teilweise richtig ist, dass die Deregulierung der Finanzmärkte eine Menge zur Krise beigetragen hat, kann die Lösung nicht in einer detaillierten Schritt-für-Schritt-Regulierung liegen, wie etwa der Dodd-Frank Act in den Vereinigten Staaten, der viel zu detailliert ist. Vielmehr sollte man versuchen, der ganzheitlichen Natur dieser systemischen Risiken gerecht zu werden. In diesem Sinne wurde die Lehre in gewisser Weise falsch gezogen, zumindest brauchen wir mehr Zeit, um die Lehren ganz zu verarbeiten und in positive regulatorische Schritte umzuwandeln.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: „When dealing with risks, it pays to be lucky."

Zur Person

Professor Daron Acemoğlu, Jahrgang 1967, ist ein amerikanisch-türkischer Ökonom armenischer Abstammung. Er studierte in den USA und England Wirtschaftswissenschaften. Heute ist er Professor für Wirtschaftswissenschaften am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT). Er zählt zu den zehn meist zitierten Wirtschaftswissenschaftlern und ist Träger der John-Bates-Clark-Medaille, die als Vorstufe zum Nobelpreis gilt. Professor Daron Acemoğlu sprach bei der 9. Risikomanagement-Konferenz von Union Investment im November 2014.

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Professor Acemoğlus Website des MIT Department of Economics. Hier finden Sie ausführliche Informationen zu seiner Vita, seinen Publikationen sowie sein Seminar- und Vorlesungsprogramm am MIT.

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Professor Acemoğlus Blog „Why Nations Fail“. Hier finden Sie Kommentare zu aktuellen Themen sowie weiterführende Informationen zum gleichnamigen Buch von Professor Acemoğlu.

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Hans-Werner Sinn

Ifo Präsident und Querdenker
Interview vom 23.02.2015

Warner vor „Basar-Ökonomie“ und „Kasino-Kapitalismus“

Ob Euro-Rettung, Klimawandel oder Sozialstaat, Professor Hans-Werner Sinn meldet sich mit seinen messerscharfen Analysen in vielen Gesellschaftsdebatten zu Wort. Dabei provoziert der Chef des Münchner Ifo-Instituts häufig. Aber er regt dabei auch zum Nachdenken an. Professor Sinn sprach bei der 8. Risikomanagement-Konferenz im November 2013.
„Nur wenn der Konkurs möglich ist, findet er nicht statt.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Also das war eindeutig die amerikanische Bankenkrise und dann darauf folgend die Eurokrise. Die daraufhin eingeleiteten Rettungsmaßnahmen haben nicht gut gewirkt. Jetzt versuchen die Länder der Euro-Peripherie mühsam mittels Reformen und Preiszurückhaltung allmählich wieder wettbewerbsfähig zu werden. Aber diese Mühe geht mit einer Massenarbeitslosigkeit einher, die kaum zu beherrschen ist. Das macht die Leute sehr unzufrieden. In Griechenland hat man die SYRIZA unter Alexis Tsipras gewählt. Er will jetzt alle möglichen radikalen Maßnahmen durchführen. Umso wichtiger ist es, dass man sich auf EU-Ebene nicht auf alle Forderungen einlässt. Weil das auch Signalwirkung auf andere Regierungen haben kann.

Was sind die Lehren aus der Finanzkrise und der Eurokrise?

Also erst mal für das Bankensystem: Die Banken sind alle unterkapitalisiert und machen sehr riskante Geschäfte. In der Konsequenz sollte man die Banken zwingen, mit sehr viel mehr Eigenkapital zu arbeiten. Sie werden dann schon im Vorhinein vorsichtig sein und auf allzu riskante Geschäftsmodelle verzichten. Wir müssen aber auch sehen, dass wir Europa als solches stabilisieren. Ich glaube, wir brauchen im Eurosystem viel härtere Budgetbeschränkungen. Es sollte nicht zulässig sein, sich einfach mit der Druckerpresse aus seinen Schwierigkeiten zu befreien. Ländern, die leichten Zugang zur Druckerpresse haben, fehlt der Anreiz, schwierige Reformen durchzuführen.

Welche Lehren wurden nicht gezogen, was wurde versäumt?

Als Konsequenz der Finanzkrise hätten die Eigenkapitalquoten der Banken hochgesetzt werden müssen. Das ist nicht geschehen. Während der Eurokrise hätte man eigentlich den Maastrichter Vertrag ernst nehmen müssen, insbesondere die No-Bail-Out-Klausel. Dazu hätte es einer Konkursordnung für Staaten bedurft. Das No-Bail-Out-Prinzip nur deklamatorisch in den Vertrag reinzuschreiben, reicht nicht. Man braucht genaue Richtlinien, die die Konkursprozedur festlegen. Die Möglichkeit des Konkurses ist, so paradox es klingen mag, lebenswichtig für die Stabilität des Systems. Also nicht die Existenz des Konkurses, sondern die Möglichkeit. Nur wenn der Konkurs möglich ist, findet er nicht statt.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: handschriftlicher Beitrag von Professor Sinn zur „Vermessung des Risikos“

Zur Person

Professor Dr. Hans-Werner Sinn, Jahrgang 1948, ist Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung (seit 1999), Direktor des Center for Economic Studies (CES) der Ludwig-Maximilians-Universität München (seit 1991), Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München (seit 1984) und Geschäftsführer der CESifo GmbH (seit 1999). Professor Sinn sprach auf der 8. Risikomanagement-Konferenz im November 2013.

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Professor Sinns Website des Lehrstuhls für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München. Hier finden Sie Informationen zu Professor Sinns Forschungs- und Lehrprogramm.

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Sinn's Corner

Auf dieser Website des Center for Economic Studies finden Sie eine Sammlung von Beiträgen von Professor Sinn zu aktuellen politischen Themen. Weiterhin verlinkt diese Seite auf einen Lebenslauf und eine ausführliche Publikationsliste des Ifo-Präsidenten.

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Tomáš Sedláček

Wirtschaftsphilosoph und Kapitalismusreformer
Interview vom 08.04.2015

Die Ökonomie von Gut und Böse

Der tschechische Ökonom und Wirtschaftsphilosoph Tomáš Sedláček stellt seit Längerem die Annahme der „perfekten Finanzmärkte“ infrage. Mit seinem Bestseller „Die Ökonomie von Gut und Böse“ hat er eine Diskussion über Moral und über den Wachstumsglauben der Industrienationen angestoßen. Professor Sedláček ist Gastredner der 10. Risikomanagement-Konferenz.
„Wir versuchen immer noch, Stabilität durch Wachstum zu erkaufen.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Drei Ereignisse haben meine Sicht auf Risiken beeinflusst: 9/11, die Krise von 2008 und die russische Intervention in der Ukraine. Von diesen war unsere eigene Wirtschaftskrise das verheerendste Ereignis, das wir uns auch noch selbst zugefügt haben. Es gibt nicht nur die Wahrscheinlichkeit, sondern auch die Wahrscheinlichkeit einer Wahrscheinlichkeit – was zeigt, dass unsere Wahrscheinlichkeitsberechnung auf den falschen Modellen basiert. Die Zukunft lässt sich einfach nicht vorhersagen. Und es hilft nicht, vorzugeben, dass man es könnte. Die größte Gefahr kommt also aus unserer Zivilisation heraus. Wir sind vielleicht die stärkste Zivilisation, aber werden von selbstverursachten Problemen – wie den Schulden – in die Knie gezwungen.

Was sind die Lehren daraus?

Wir sind immer noch bei dem Jesus-Gebet „Vater vergib uns, denn wir wissen nicht, was wir tun“. In unserem Falle müssen wir aber die Gesellschaft um Vergebung bitten. Obwohl wir bereit sind zuzugeben, dass wir nicht wissen, wollen wir das Tempo erhöhen, ohne Reserven zu bilden. Dabei denken wir immer noch, dass die Krise von einem Mangel an Selbstvertrauen und Vertrauen verursacht wurde. Dabei war eigentlich das Gegenteil der Auslöser, es war übermäßiges Selbstvertrauen und ein Mangel an Sorgfalt, die uns an den Rand des Kollapses gebracht haben. Wir haben kaum etwas gelernt und versuchen immer noch Stabilität durch Wachstum zu erkaufen. Ein gefährliches und teures Wachstum.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Wir haben immer noch kein Rezept für den Bankrott großer Volkswirtschaften. Wir hatten Glück, dass es sich bisher in Europa nur um kleine Volkswirtschaften gehandelt hat, deren Probleme wir auf unkonventionelle Weise lösen konnten. Wir wissen nicht, wie wir unsere Manien in den Griff bekommen. Wir verstehen nicht, unsere Steuer- und Geldpolitik sinnvoll anzuwenden. Ökonomen behaupten heute, dass die Welt nach wirtschaftlichen Gesetzen funktioniert. So wie die Pharisäer früher behauptet hatten, dass die Welt nach ethischen Gesetzen funktioniert. Und genau darüber stritt Jesus mit ihnen. Er sagte: „Nein, es gibt eine viel tiefere Metastruktur für die Realität.“ Deshalb sprach Jesus so viel von Liebe, Gnade und Vergebung. Für so grundlegende Dinge gibt es einfach keine Gesetze.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: handschriftlicher Beitrag von Professor Sedláček zur „Vermessung des Risikos“

Zur Person

Professor Tomáš Sedláček, Jahrgang 1977, ist ein tschechischer Ökonom und Hochschullehrer. Sein 2011 veröffentlichtes Buch, „Die Ökonomie von Gut und Böse“, wurde ein Bestseller und wurde in 17 Sprachen übersetzt. Sedláček arbeitete als Wirtschaftsberater für Präsident Václav Havel. Zurzeit ist er Chefvolkswirt der tschechischen Handelsbank ČSOB und Mitglied der von Manuel Barroso gegründeten Gruppe „Narrative of Europe“. Außerdem ist er Mitglied des „World Economic Forum“. Sedláček betrachtet Wirtschaftslehre durch eine philosophische Perspektive, wobei er diesen Ansatz mit verschiedenen Disziplinen wie Psychologie, Theologie, Mythologie, Literatur, Anthropologie, Geschichte und Pop-Kultur kombiniert.

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Professor Tomáš Sedláčeks Website der Fakultät für Sozialwissenschaften an der Karls Universität in Prag. Hier finden Sie unter anderem Informationen zu Professor Sedláčeks Vita, zu seinen Publikationen und seiner akademischen Lehrtätigkeit.

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Professor Sedláčeks eigene Website. Hier finden Sie unter anderem ausführliche Informationen zu seiner Vita, seine Publikationsliste sowie eine Sammlung von Videobeiträgen seiner öffentlichen Auftritte und Vorträge.

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Professor Sedláčeks Blog. Hier finden Sie Kommentare, Interviews und Beiträge zu unterschiedlichen aktuellen Themen sowie diverse Videobeiträge unter anderem zu einem Theaterstück, das von Professor Sedláčeks Buch „Die Ökonomie von Gut und Böse“ inspiriert wurde.

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Emanuel Derman

Der skeptische Quant
Interview vom 05.11.2014

Vorsicht bei Big Data

Der US-amerikanische Physiker Professor Emanuel Derman gilt als einer der ersten Quants der Wall Street. Inzwischen lehrt der ehemalige Leiter „Quantitative Strategy“ bei Goldman Sachs am Institut für Industrial Engineering der Columbia-Universität in New York. Er zählt heute zu den renommiertesten Kritikern der Verwendung von quantitativen Modellen in der Finanzwirtschaft. Professor Derman sprach im November 2014 auf der 9. Risikomanagement-Konferenz.
„Diese Welt wird nicht die Formeln erfüllen, die man aufstellt.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Nun, ich bin versucht zu sagen die Finanzkrise von 2007 und 2008. Aber eigentlich trug ich mich schon davor mit wachsenden Zweifeln über die zunehmende Mathematisierung des Risikomanagements. Die Neigung der Menschen, zu glauben, dass es Naturgesetze für Finanzmärkte gibt, scheint mir fragwürdig. Und dies kulminierte dann mit der Finanzkrise.

Was sind die Lehren daraus?

Zum Teil glaube ich, dass die Menschen gelernt haben, dass Modelle allein nicht gut funktionieren. Aber sie hören dennoch nicht auf, es zu versuchen. Ich bin mir nicht sicher, ob es dafür Lösungen gibt. Ich glaube, wir müssen weiter Modelle nutzen, aber man muss dabei vorsichtig sein und verstehen, dass diese Welt nicht die Formeln erfüllen wird, die man aufstellt. Menschen suchen nach Abbildern – Abbilder, die künstlich sind, aber sich so verhalten sollen wie Menschen. Das funktioniert nicht. Man kann Modelle aufstellen, aber man muss verstehen, dass sie an einem gewissen Punkt nicht mehr funktionieren werden. Wenn man Glück hat, funktioniert es besser als bei den Modellen, wenn man Pech hat, kommt es sehr viel schlimmer.

Welche Lehren wurden gezogen, welche wurden nicht gezogen?

Die Leute nutzen eine sehr komplizierte Mathematik, um die Finanzmärkte zu beschreiben. Ich sage nicht, dass es sich nicht lohnt, es zu versuchen. Die von ihnen genutzte Syntax entspricht zwar der Finanzwissenschaft, die Semantik ist allerdings sehr unterschiedlich. Das funktioniert nicht. Menschen neigen dazu, das zu vergessen, weil sie eine sehr akkurate (Modell)sprache verwenden. Daraus verfallen Sie auf die Vorstellung, was sie machen wäre akkurat.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: „I like a quote by William Blake that I believe embodies the right attitude to financial modeling: If a fool would persist in his folly, he will become wise."

Zur Person

Professor Emanuel Derman, Jahrgang 1944, wuchs als Kind polnisch-jüdischer Emigranten in Südafrika auf. Er studierte in Kapstadt Physik und siedelte 1964 in die USA über. Er promovierte 1973 an der Columbia-Universität auf dem Gebiet der theoretischen Teilchenphysik. 1980 wandte sich Derman dem noch jungen Feld des Financial Engineering zu und entwickelte von 1985 bis 2000 für die Investmenthäuser Goldman Sachs und Salomon Brothers quantitative Strategien. Im Jahr 2000 wurde er als Financial Engineer of the Year der International Association for Quantitative Finance ausgezeichnet. Seit 2002 ist Derman Dozent an der Columbia-Universität in New York, wo er seit 2003 am Institut für Industrial Engineering and Operations Research lehrt. Professor Derman sprach bei der 9. Risikomanagement-Konferenz von Union Investment im November 2014.

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Professor Dermans Website der Fu Foundation School of Engineering & Applied Science der Columbia-Universität in New York. Hier finden Sie eine Kurzvita sowie Informationen zu Professor Dermans Vorlesungen und Seminaren.

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Blog

Die persönliche Website von Professor Derman. Neben ausführlichen Informationen zu seiner Vita und seinen Veröffentlichungen finden Sie hier Kommentare und Beiträge zum Tagesgeschehen sowie seine aktuellsten Mitteilungen auf Twitter.

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Manifest

Auf Paul Wilmotts Blog finden Sie das „Financial-Modelers-Manifesto“ von Professor Emanuel Derman.

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Otmar Issing

Geburtshelfer des Euro
Interview vom 11.03.2016

Wohin führt die deutsche Geld- und Wirtschaftspolitik?

Der Volkswirtschaftler Professor Otmar Issing war Chefvolkswirt und Direktoriumsmitglied des Zentralbankrates der Deutschen Bundesbank (1990 und 1998) und der EZB (1998 bis 2006). Er war maßgeblich an der geldpolitischen Strategie der EZB und der Einführung des Euro beteiligt. Seit 2006 ist Professor Issing Präsident des Center of Financial Studies der Goethe-Universität in Frankfurt. Issing gilt als Monetarist und hat sich in seiner Laufbahn immer wieder für eine starke Regulierung der Geldmenge und eine möglichst große Unabhängigkeit der Zentralbanken von staatlichen Eingriffen ausgesprochen. Professor Issing sprach bei der 6. Risikomanagement-Konferenz im November 2011.
„Die jetzige Regulierung ist längst noch nicht perfekt.“

Welches Ereignis hatte in den vergangenen zehn Jahren den größten Einfluss auf Ihre Beschäftigung mit Risiken?

Ich denke, nicht nur ich, fast die ganze Zunft wurde von der Finanzmarktkrise tief getroffen. Als die englische Königin die London School of Economics aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums besuchte, hat sie in dieser feinen englischen Art gesagt: Hier sind so viele bedeutende Ökonomen versammelt, „why didn’t you see it coming?“ – die Krise. Das heißt, es war ein Schock für die ganze Zunft; dies hat auf dem Gebiet der Risikoforschung neue Initiativen ausgelöst. Eine Vielzahl von Studien hat die Risiken auf den Finanzmärkten sehr viel stärker ins Visier genommen als zuvor.

Was sind die Lehren aus der Finanzkrise und der Eurokrise?

Ich denke, es ist unsere Aufgabe, alles daranzusetzen, dass so etwas nicht wieder geschieht. Eines sollte man sich allerdings aus dem Kopf schlagen, dass die Entwicklung immer spannungsfrei vor sich geht, dass es nicht mehr zu Krisen auf den Finanzmärkten kommt, dass es keine Konjunkturschwankungen mehr gibt. Diese Illusion sollte man wirklich ablegen. Die Wirtschaft entwickelt sich in Schüben mit positiven und negativen Effekten, das wird so bleiben. Was aber unbedingt verhindert werden muss, dass so gewaltige Ausschläge auftreten, die die Welt an den Rand einer Katastrophe bringen.

Welche Lehren wurden nicht gezogen, was wurde versäumt?

Es wurde vieles von den Vorschlägen zur Regulierung der Finanzmärkte umgesetzt. Dennoch gibt es sicherlich noch keinen Grund, sich in Selbstzufriedenheit wieder zurückzulehnen. Die jetzige Regulierung ist längst noch nicht perfekt und wir sehen schon wieder Anzeichen, dass sich bestimmte Spekulationen auf den Immobilienmärkten und Finanzmärkten wiederholen. Hier gilt es rechtzeitig Einhalt zu gebieten. Das setzt voraus, dass man die Entwicklung genauestens beobachtet.

Kreativbeitrag
Die ganz persönliche Sicht auf das Risiko: „Man sagt, das Leben an sich ist ein Risiko. Aber das ist doch kein Grund, es nicht mit dem Leben zu versuchen. Ohne Risiko wäre das Leben langweilig."

Zur Person

Professor Dr. Otmar Issing, Jahrgang 1936, war von 1998 bis 2006 Chefvolkswirt und Direktoriumsmitglied der EZB. In dieser Zeit war er maßgeblich an der geldpolitischen Strategie der EZB und der Einführung des Euro beteiligt. Seit 2006 ist Professor Issing Präsident des Center for Financial Studies der Goethe-Universität in Frankfurt. Er war Vorsitzender der von Bundeskanzlerin Angela Merkel berufenen und von 2008 bis 2012 tätigen Expertenkommission für eine neue Finanzarchitektur. Er war Mitglied der High Level Group der Europäischen Kommission unter dem Vorsitz von Jacques de Larosière. Otmar ­Issing sprach auf der 6. Risikomanagement-Konferenz im November 2011.

Hochschule


Auf der Website des Center of Financial Studies (CFS) der Goethe-Universität Frankfurt finden Sie eine Vita von Professor Otmar Issing sowie nähere Informationen zum Lehrangebot des CFS.

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Publikationen

Eine ausführliche Bibliographie von Professor Issing finden Sie auf der Website der Deutschen Nationalbibliothek.

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Benoît B. Mandelbrot

Vater der fraktalen Geometrie
† (1924–2010)

Schönes buntes Risiko: Ein Nachruf von Frank Romeike

„Das Ziel der Wissenschaft ist es immer gewesen, die Komplexität der Welt auf simple Regeln zu reduzieren.“ Dieses Zitat stammt von Benoît B. Mandelbrot. Wie wenigen gelang es dem im Oktober 2010 verstorbenen Mathematiker, der Zahlenwelt eine neue Ästhetik und Einfachheit zu verleihen. Sein Bestseller „Die fraktale Geometrie der Natur“ war eher das Buch eines Künstlers, brachte aber gleichzeitig sehr weitreichende Erkenntnisse für die Risikoforschung. Professor Mandelbrot sprach 2006 als Gastredner auf der 1. Risikomanagement-Konferenz von Union Investment.
„Mein ganzes Leben war eine Risikostudie.“

„Wolken sind keine Kugeln“

Das Leben des 1924 in Warschau geborenen Wissenschaftlers war erfüllt von einer Frage: Wie misst man in der Natur vorkommende Muster, die mit der klassischen Mathematik der perfekten geometrischen Formen einfach nicht zu begreifen sind? „Wolken sind keine Kugeln, Berge keine Kegel, Küstenlinien keine Kreise und Rinde ist nicht glatt, so wie auch der Blitz nicht auf einer Geraden unterwegs ist“, sagte Mandelbrot einmal. Doch welche Gestalt hat ein Berg, eine Küstenlinie oder ein Fluss? Welche Form hat eine Wolke oder eine Flamme? Und wie lässt sich im übertragenen Sinne die Volatilität von Preisen darstellen?

Schon in früher Jugend entwickelte er die außergewöhnliche Fähigkeit, komplexe mathematische Aufgaben über geometrische Visualisierung zu lösen. Das alles geschah in bewegten Zeiten: Noch vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs emigrierte Mandelbrot mit seiner litauisch-jüdischen Familie 1936 nach Paris. Diese Erlebnisse prägten auch seine mathematische Gabe, die „ich auf meiner Flucht bei der Betrachtung von Pflanzen und Bäumen entwickelte“. Die Aufnahmeprüfung zur École Polytechnique in Paris bestand er 1944 mit Bravour. „Das Problem, das wir als Aufgabe erhielten, ließ sich ganz einfach lösen, wenn man es nicht in kartesischen, sondern in sphärischen Koordinaten fasste. Aber ich war der einzige Kandidat in ganz Frankreich, der das damals gesehen hat.“

Ende der 1950er Jahre begann Mandelbrot seine Karriere in den USA in der Forschungsabteilung des Thomas J. Watson Research Center bei IBM. Seine insgesamt 35-jährige Tätigkeit für den Computerkonzern schilderte der spä­tere Mathematikprofessor rückblickend als „Goldenes Zeitalter“: „Ich fand Erfüllung in scheinbar weit auseinanderliegenden Themen, die keinem üblichen Muster folgten und daher weithin als bizarr angesehen wurden.“

Nicht überall wurde er verstanden. So galt Benoît B. Mandelbrot zeit seines Lebens in der Welt der Mathematik als Exot. Er blieb ein „Maverick“ – ein Einzelgänger, Querdenker und Nonkonformist. Formale Sätze und Beweise spielten für ihn nur eine untergeordnete Rolle.

Die Mandelbrot-Menge

Schon als Heranwachsender hatte Mandelbrot den deutschen Naturphilosophen, Mathematiker, Astronomen und Astrologen Johannes Kepler bewundert. Kepler hatte sein interdisziplinäres Wissen genutzt und drei Gesetze der Planetenbewegung entwickelt. Benoît B. Mandelbrots Jugendtraum war es, etwas von ähnlich weitreichender Bedeutung zu entdecken. Und das gelang ihm auch mit der Entwicklung der nach ihm benannten Mandelbrot-Menge. Diese stellt ein Muster dar, um die in der Natur immer wiederkehrenden Unebenheiten als fraktale Mengen zu berechnen und zu visualisieren. Dies geschah 1978 mit der als Apfelmännchen berühmt gewordenen Computeranimation. Die als formenreichstes geometrisches Gebilde bezeichnete Mandelbrot-Menge zeigt, dass fraktale Mengen und Unebenheiten, so unterschiedlich sie auch sein mögen, einige charakteristische Eigenschaften aufweisen.

So erkennt man beim Hineinzoomen die feinen Verästelungen, die sich bei näherer Betrachtung auch im Kleineren unendlich wiederholen. Die Kontur eines noch so kleinen Ausschnitts im Apfelmännchen gleicht immer einer Küstenlinie. Mit der fraktalen Dimension führte Mandelbrot einen Koeffizienten ein, mit dem erstmals die Rauheit und Komplexität von Formen und sogar von nichtlinearen Ereignissen quantitativ beschrieben werden konnte. Das Besondere am filigranen und vielschichtigen Formengebilde des Apfelmännchens ist, dass die dahintersteckende Gleichung für Mathematiker alles andere als komplex ist: f(z) = zn² + c. Die Mandelbrot-Menge M ist die Menge aller komplexen Zahlen c, für die die rekursiv definierte Folge komplexer Zahlen z0, z1, z2, ... mit dem Bildungsgesetz zn+1 := zn² + c und der Anfangsbedingung z0 := 0 beschränkt bleibt, das heißt, der Betrag der Folgenglieder wächst nicht über alle Grenzen.

Märkte zwischen Risiko, Rendite und Ruin

Heute werden diese Erkenntnisse unter anderem in der Medizin, in den Geowissenschaften, der Seismologie, der Bildverarbeitung und bei Spezialeffekten im Kino eingesetzt. Doch auch die Finanzwirtschaft konnte aus diesen Erkenntnissen Rückschlüsse ziehen: Hätten die Marktteilnehmer in den vergangenen Jahrzehnten häufiger auf Benoît B. Mandelbrot gehört, dann wären sie wohl nicht so oft von den turbulenten Ereignissen überrascht worden. Der Erfinder der fraktalen Geometrie verglich die Akteure an den Finanzmärkten mit Seefahrern. Wenn diese ein Schiff bauen, dann interessieren sie sich nicht dafür, wann genau der nächste Sturm kommt. Sie bauen das Schiff so robust, dass es jeden denkbaren Sturm überlebt. Die Finanzmarktakteure hingegen, so Mandelbrot, verhalten sich so, als gäbe es nur Sonnentage. Sie kalkulieren ihre Risikotragfähigkeit basierend auf einem Sicherheitsniveau von 99 oder 99,5 Prozent und blenden damit gerade die Extremereignisse („fat tails“) aus, die im Sturm zum Sinken des Schiffes führen werden. Mandelbrot wurde nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen, dass die wahren Risiken von den in der Praxis verwendeten Modellen systematisch unterschätzt werden. Bei der Finanzmarkttheorie handele es sich um eine „falsche Wissenschaft“. An den Märkten entschieden die extremen Ereignisse über Gewinn und Verlust, nicht die „normalen“ Kursschwankungen, so Mandelbrot. Er wies nach, dass die Preisschwankungen der Finanzmärkte nicht durch eine Normalverteilung, sondern durch eine Lévy-Verteilung beschrieben werden können, die in der Theorie ähnlich wie die Mandelbrot-Menge eine unendliche Varianz aufweist.

Die Gauß’sche Normalverteilung, als die bis dahin weitgehend etablierte Wahrscheinlichkeitsfunktion, ließ dagegen Statistiker, Klimaforscher und Kapitalmarktakteure regelmäßig in dieselbe Falle tappen: Sie nehmen an, dass Wahrscheinlichkeiten glockenförmig verteilt sind und Abweichungen von einer Norm umso seltener auftreten, je größer sie sind. Und damit lagen sie regelmäßig schief, wie Benoît B. Mandelbrot gut zwei Jahre vor der großen Finanzkrise auf der 1. Risikomanagement-Konferenz von Union Investment im Jahr 2006 erklärte. „Der Aktiencrash vom 19. Oktober 1987 hätte nie passieren dürfen“, so Mandelbrot. Bei einer auf Normalverteilung basierenden Berechnung lag die Wahrscheinlichkeit für einen Tagesverlust im Dow Jones in Höhe von knapp 30 Prozent bei 1 zu 1050 – eine Eins mit 50 Nullen.

In Bezug auf die Normalverteilungsannahme kritisierte Mandelbrot auch das weitverbreitete Risikomaß Value at Risk: „Dass ich nicht lache. Der Value at Risk soll das potenzielle Risiko anzeigen? [...] Wenn Sie sich anschauen, wie das Risiko von verschiedenen Finanzprodukten gemessen wird, stellen Sie fest, dass fast alles unter der Annahme der Normalverteilung beurteilt wird. Deshalb wird das Risiko systematisch unterschätzt. Ich hoffe, dass meine Theorie der Fraktale eines Tages so leicht anwendbar sein wird wie die Normalverteilung. Dann werden Sie sehen, dass das Risiko in Wahrheit viel größer ist.“ Mandelbrot war überzeugt, dass die meisten Risikotheoretiker bis dahin den falschen Weg beschritten hatten. „Mein ganzes Leben war eine Risikostudie“, so Mandelbrot. Benoît B. Mandelbrot hielt im Frühjahr 2010 seinen letzten Vortrag, den er mit den Worten beendete: „Unergründliche Wunder entspringen einfachen Regeln unentwegt wiederholt.“ Der Vater des Apfelmännchens und der Fraktaltheorie starb am 14. Oktober 2010 im US-amerikanischen Cambridge. Mandelbrot hat uns die Augen geöffnet, dass Fraktale den Kern des Lebens bilden und hinter dem scheinbaren Chaos der Rauheit eine beeindruckende Ordnung existiert. Dank seiner fraktalen Geometrie können wir nun das Buch der Natur ein Stück besser verstehen.

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Die Universität Yale unterhält zum Gedenken an Professor Benoît Mandelbrot eine eigene Website. Dort finden Sie unter anderem ausführliche Informationen zu seiner Vita, seinen Publikationen und eine Reihe von Interviews.

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Vortrag

Eine Aufzeichnung eines Vortrags von Professor Mandelbrot zum Thema „Fractals and the art of roughness“.

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Publikationen

Auf der Seite der Deutschen Nationalbibliothek finden Sie eine ausführliche Bibliographie von Professor Mandelbrot.

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Zum Autor

Frank Romeike, Jahrgang 1968, ist geschäftsführender Gesellschafter und Gründer des Kompetenzportals RiskNET und war zuvor Chief Risk Officer bei IBM. Er hat in Deutschland und England Wirtschaftswissenschaften, Psychologie und Mathematik studiert. Er hat Lehraufträge zum Thema Stochastik und Risikomanagement an verschiedenen Universitäten und Hochschulen angenommen.